Arbeit im 21. Jahrhundert: Ein Kinderspiel?
Das Künstlerkollektiv FRITZAHOI! präsentiert die neue Produktion „Don’t Cry, Work!“.
Am 29.09.2017 zeigt das Potsdamer Künstlerkollektiv FRITZAHOI! die dokumentarische Theater- und Musikperformance „Don’t Cry, Work!“ auf der Kulturbühne „Zum gerupften Milan“ im Friedrich-Reinsch-Haus im Schlaatz und am 13.10.2017 im Spartacus auf dem Freiland-Gelände. Die Lecture Performance beschäftigt sich mit dem Wandel des Arbeitsbegriffes im 21. Jahrhundert: Wie arbeitet man heute? Ist Arbeit nur bezahlte Erwerbsarbeit oder zählen Haushalt und Hobby im Grunde auch dazu? Wo verläuft die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit? Gerät unsere Identität ins Wanken, wenn wir keine Arbeit haben? Überall gibt es etwas zu tun und überall scheint es gleichzeitig an Arbeit zu mangeln.
Das Künstlerkollektiv FRITZAHOI! um die Regisseurin Sina Schmidt nutzt Protokolle von Erstgesprächen in der Agentur für Arbeit, Reden machtbesessener CEOs der Megakonzerne, Motivations- und Selbstbeschreibungstexte der Kreativwirtschaft, Infomaterial über die positiven Effekte von Gamification und Entgrenzung und nicht zuletzt neoliberale Beratungstexte für Kulturunternehmen, um damit spielerisch ironische Kommentare zur absurden Realität zu erfinden. Quellen des digitalisierten Zeitalters spielen eine Rolle; aber auch Geschichtsfragmente wie sozialistische Kinderlieder oder frühe Analysen der Verbindung von sportlichem und kapitalistischem Wettkampf zeichnen einen aufgeladenen und gewachsenen Begriff von Arbeit in der Theaterproduktion nach.
In der schauspielerischen Umsetzung dieses dokumentarischen Materials verändern Sophie Roeder, Madlen Meyer, Maru Horning und Peter Retzlaff den Wortlaut der dokumentarischen Texte nicht, entlarven aber durch theatrale Mittel wie Übertreibungen und Entstellung unterschwellige Wertvorstellungen und versteckte Handlungsaufforderungen, die sich auch in der Sprache der Texte äußern. Die Darsteller*innen werden auf der Bühne zu Spielfiguren der Arbeitsgesellschaft, zu Wettkämpfer*innen im Game. Die verspielte Sinnlosigkeit ihrer Tätigkeiten und ihres Konkurrenzkampfes äußert sich im pastellbunten und aufblasbaren Kostüm- und Bühnenbild von Barbara Lenartz. Wem wird bei diesem Spiel zuerst die Luft ausgehen?
Im Hintergrund tritt eine Band als Antagonistin und Arbeitsverweigerin in der Tradition der Punkbewegung auf. Durch die Live-Musik wird das Game mit Jingles angeheizt und der Mythos um die Arbeit gesponnen. Doch behauptet sich die heimliche Verweigerung gegen das visuelle Spiel der Arbeit oder sind selbst die, die nicht mitmachen wollen, längst Teil des Spiels?
Erste Einblicke in die Inszenierung gewährt das 2015 gegründete Künstlerkollektiv FRITZAHOI! bereits am 23.09.2017 im Rahmen des zweijährigen Geburtstages des Kunst- und Kreativhauses Rechenzentrum, wo das Künstlerkollektiv FRITZAHOI! 2016 mit der Produktion „Schreibtischherrschaft“ debütierte.
Künstlerkollektiv FRITZAHOI!: Don’t Cry, Work! – Lecture Performance 13.10.2017/14.10.2017, jeweils 19:30 Uhr Spartacus Potsdam, Friedrich- Engelsstr. 22, 14473 Potsdam, 9-12 Euro. Im Anschluss an die Vorstellung am 13.10.2017: Geburtstagsfeier – 5 Jahre Uniater e.V. mit Pingpongkonzert
der Bands „Moloch“ und „Paranoya“
Weitere Infos: www.fritzahoi.de und www.facebook.com/fritzahoi